Xxii. §. 10. Die großen Kirchenversammlungen und die Hussiten. 455
klagte unter der unerhörten maßlosen Geldgier der beiden Päpste, de-
ren jeder (namentlich aber der französische Papst) nur darauf bedacht
schien, durch alle rechtmäßigen oder unrechtmäßigen Mittel Geld her-
beizuschaffen, theils um den eignen Lüsten zu fröhnen, theils um den
Gegner zu bekämpfen. Das schlug dem Faß vollends den Boden aus.
Auch die Franzosen wurden es müde, ihren Papst zu Avignon um
solchen Preis bei sich zu dulden. Sie wollten ihn zwingen, sich mit
dem römischen Papst zu vertragen. Aber von Vertragen kann unter
Päpsten nie die Rede sein. Lieber entfloh Benedict Xiii., der zu
Avignon auf Clemens Vii. gefolgt war, aus Frankreich nach Spa-
nien, und sprach von seinem Schloß von Perpignan, später von dem
einsamen Peniscola aus, den Bannfluch über die ganze Welt. Da
nun auf solche Weise der Sache nicht geholfen war, so kam man wie-
der auf die alte Forderung zurück, die schon früher von den französi-
schen Königen gegenüber dem Papst Bonifacius Viii. erhoben war,
nämlich, daß wie in alter Zeit wieder ein allgemeines Concilium ver-
sammelt werden müßte, und die gelehrten Theologen, namentlich die
Pariser, bewiesen weitläuftig und gründlich, daß nicht der Papst über
dem Concil, sondern das Concil als die Versammlung aller Bischöfe,
Aebte, Doctoren und Professoren der Theologie über dem Papst stünde
und von dem Concil die Heilung der kranken Kirche an Haupt und
Gliedern geschehen müsse.
§. 10. Die großen Kirchenversammlungen und die
Hussiten.
Daß die Papstgewalt ein Nebel, die Lehre von der Untrüglich-
keit und Göttlichkeit der Päpste ein Unsinn, die Erhebung der geist-
lichen Gewalt über die weltliche ein Verderben beider sei, hatte die
katholische Christenheit durch das Schisma hinlänglich erfahren.
Man hätte meinen sollen, sie würde nun zu der Erkenntniß gekommen
sein, daß die Kirche, welche sich so ganz ihres geistlichen Charakters
entkleidete und in so schändliche Sünden und Spaltungen sich ge-
stürzt hatte, innerlich krank und faul sei und einer gründlichen innern
Reinigung bedürfe. Aber bis zu dieser Einsicht war nur eine sehr kleine
Zahl wahrheitsuchender Männer gelangt. Zuerst Wicleffe in Eng-
land, in dem von den Päpsten in der übermüthigsten Weise behandel-
ten und ausgesogenen Lande, wo jetzt König und Volk die Schwä-
chung der Papstmacht benutzten, um sich von einigen der entehrend-
sten Pflichten gegen die Päpste loszumachen, und sich von dem Pre-
diger und Professor Wicleffe beweisen ließen, daß das Papstthum
nicht eine göttliche, sondern eine menschliche Einrichtung >ei, daß die
Kirche gar kein sichtbares Haupt bedürfe und deshalb auch das
Papstthum unter Umständen wieder aufgehoben werden könne. Da-
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470 Xxii. §. 14. Wiedererhebung Frankreichs rc.
Reich hineinspielte, in seine eigne Hand zu bringen und zugleich die
schönen italienischen Länder des Papstes zu gewinnen wünschte? Doch
nicht auf diese Weise sollte die alte Weltmonarchie wiederher-
gestellt werden. Sie sollte überhaupt nicht wiederkehren. Nur das
sollte geschehen, daß die bedeutendsten und religiös angeregtesten Völker
der europäischen Christenheit, daß Deutschland und die Niederlande mit
Spanien und Italien noch einmal unter denselben Scepter gebracht
wurden, damit der große Geisterkampf, der jetzt bevorstand, auf eine
ehrliche und gründliche Weise zwischen ihnen könnte zu Ende gekämpft
werden, wie es denn ja auch geschehen ist.
$. 14. Wiedererhebung Frankreichs als Deutschlands
Widerpart und Verderben der Schweiz.
Indem wir die Gesammtheit der Länder überschauen, welche beim
Beginn der Reformation durch das gemeinsame Herrschergeschlecht
wieder mit einander in Berührung, in die engste Verbindung getreten
sind, fällt es uns sogleich auf, daß der alte Gegner Deutschlands,
daß Frankreich auch jetzt noch in seiner vereinzelten und feindlichen
Stellung bleibt und der gesummten übrigen abendländischen Christen-
heit als ein losgesondertes Glied gegenübertritt. Auch dem fränki-
schen Volke sollte das reine Evangelium wieder angeboten werden,
oftmals, reichlich, dringend; es sollten auch viele einzelne Seelen
durch die lautere Predigt dem Verderben entrissen werden, wiewohl
das Volk als Ganzes durch den bewußten und grimmigen Wider-
stand gegen das Wort Gottes erst völlig zu der antichristischen Stel-
lung und zu dem Verderben heranreifte, dem es vor unseren Augen
entgegengeht. Aber aus dem Schooße Frankreichs konnte keine
Kirchenresormation selbständig hervorgehen, die deutsche Reforma-
tion blieb den romanischen Völkern fremd und reizlos. Es fand sich
aber ein anderer Boden, der, obwohl ursprünglich Deutschland ange-
hörig und mit deutschem Wesen gesättigt, doch seit längerer Zeit schon
in gefährlicher Weise nach Frankreich hinüberneigte. Hier bildete
sich eine zweiter Quell- und Mittelpunkt der Reformation, und neben
der deutschen, germanischen Reformation in Sachsen begründete sich
eine welsche, romanische Reformation in der Schweiz. Nicht
so schnell waren die bedenklichen Folgen der allmäligen Los-
reißung aller schweizer Cantone von den angestammten deut-
schen Gewalten und althergebrachten Verpflichtungen sichtbar ge-
worden. Ein halbes Jahrhundert hindurch hatten die verbundenen
Schweizer nicht bloß den Ruhm unvergleichlicher Tapferkeit, ja Un-
überwindlichkeit, sondern auch echter deutscher Treue und Biederkeit,
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Deutschland Niederlande Spanien Italien Frankreichs Deutschlands Schweiz Deutschlands Frankreich Gottes Frankreichs Deutschland Frankreich Sachsen Schweiz
482 Xxm. §. 2. Erstes Hervortreten der Reformatoren.
Heiligen anrufen zu müssen, statt den viel lustigern Dienst des Bacchus
und der Aphrodite wieder aufzunehmen. Päpste, Cardinäle, Bischöfe
und Aebte sah man mit Fürsten und Obrigkeiten ganz ungescheut dem
alten Heidenthum sich ergeben und wenigstens in vertrauteren Kreisen
sich üben, mit heidnischer Zunge heidnische Gedanken in Umlauf zu
setzen. In Deutschland finden wir von solcher Wirkung des wiederauf-
gefundenen Alterthums kaum eine Spur. Desto eifriger beschäftigte
man sich hier mit Sprachstudium und Grammatik. Man eilte, den
mittelalterlichen Kirchenstil-des verdorbenen Latein von sich abzuthun
und sich einer eleganten und correcten Rede zu befleißigen. Die Schu-
len wurden umgestaltet. An die Stelle der scholastischen Lehrer traten
die freier und feiner gebildeten Humanisten. Ein großer Eifer der
Forschung, der Weiterbildung erwachte. Vor allen Dingen aber wen-
dete man die kauni gettonnenen neuen Kenntnisse auf die heilige Schrift
an. Bibelübersetzungen und Umschreibungen erschienen in rascher Folge,
noch unvollkommen, aber sie brachen Bahn und deckten das vorhandene
Bedürfniß auf.
§. 2. Erstes Hervortreten der Reformatoren.
So Viele aber auch da waren, welche laut über das Verderben
der Kirche klagten und nachwiesen, wie nothwendig eine Aenderung
sei, so Viele auch da waren, welche die rechte Lehre schon rein und
lauterlich vortrugen, so hatte doch von ihnen allen bisher noch Keiner
gewagt, dem Papst und seinen Anordnungen geradezu entgegenzu-
treten, sich seinem Gehorsam zu entziehen und es wirklich zu einem
Bruch mit dem ganzen hierarchischen System zu treiben. Auch die
lautesten Spötter, auch die gediegensten Lehrer, sie gingen doch ge-
horsamlich in den hergebrachten kirchlichen Geleisen, und wenn sie selbst
den Papst für den leibhaftigen Antichrist erklärt hätten, so würden sie
ihm doch nichts desto minder gehorcht haben. Solche Hmte schienenden
Wächtern der römischen Kirche wenig gefährlich, man ließ sie gewäh-
ren. Wo aber einer es wagen sollte, etwas gar zu stark an dem Be-
stehenden zu rütteln, da hatte er noch immer die Strafgewalt der Kirche
zu fürchten. Noch in hohem Alter ward Johann v. Wesalia vor
das geistliche Gericht geladen, auch Reuchlin's Bücher wurden ver-
brannt und es fehlte nicht viel, so wäre er selber verurtheilt. So war
es doch auch jetzt nichts Geringes, den Kampf gegen die riesige Macht
der Kirche zu wagen, auch die Besten scheuten davor zurück. Wäh-
rend nun aber alle Welt erwartungsvoll ftaub und darin einig war, daß
Etwas geschehen müsse, und doch nicht wußte, wie und was und von
wem? siehe da erscholl (1517) von Wittenberg aus die große Kunde,
ein Augustinermönch, ein Professor an der Universität, vr. Martin
Luther habe es gewagt, einen Beamten und Abgeordneten des Erz-
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Extrahierte Personennamen: Johann Wesalia Martin
Luther
564 Xxv. §. 2. Die Revolutionen in England und der Deismus.
Parlament war weder mit ihm noch unter sich selber einmüthig. Ka-
tholiken und Royalisten tauchten überall wieder auf, Verschwörungen
gegen sein Leben mehrten sich von Jahr zu Jahr. Als er 1658 starb,
hatte er wohl Frieden mit seinem Gott, aber auch die demüthigende
Aussicht, daß das Werk seines Lebens vor Gott nichts Anderes als
Holz, Heu und Stoppeln gewesen sei und schnell vom Feuer verzehrt
werde. Der flüchtige Königssohn Karl Ii. ward wieder auf den
Thron gesetzt, aber er brachte zu der Unzuverlässigkeit und Charakter-
losigkeit seines Vaters noch ein stärkeres Liebäugeln mit dem Katho-
lieismus und eine schmachvoll ausschweifende Sittenlosigkeit mit hinzu,
so daß seine Regierung unter unablässigen Stürmen verlief. Er starb
1685, und sein Bruder und Nachfolger Jakob Ii., der geradezu zur
katholischen Kirche übertrat, ward vom Thron ausgeschlossen und nur
seinen protestantischen Familiengliedern die Nachfolge gestattet (1688).
So hatte denn Europa in England das erste Beispiel des revolu-
tionären Umsturzes eines Königsthrones und der Hinrichtung eines recht-
mäßig angestammten Königs durch die rücksichtslose Gewaltherrschaft
einer Volksmasse. So schrecklich ein solcher Vorgang an sich ist, so
ward er doch hier noch schrecklicher dadurch, daß er von einem prote-
stantischen, besonnenen, rechtseifrigen Volke geübt ward, noch schrecklicher,
weil er als die Frucht einer religiösen Begeisterung, als das Ergebniß
einer besondern göttlichen Erleuchtung erscheinen wollte. Auch die Hol-
länder hatten sich von ihrem Fürsten lvsgerissen und sich eine republi-
kanische Verfassung gegeben, und es ist wohl unzweifelhaft, daß das
glückliche Gelingen ihres Abfalls und das rasche Aufblühen und Ge-
deihen der holländischen Republik viel zu den Entschlüssen der englischen
Republikaner beigetragen hat. Aber die Sachen lagen doch in Holland
ganz anders. Es war ein Glied des deutschen Reichskörpers, und wollte
es vor der Hand auch bleiben, es blieb unter seinen altgewohnten Obrig-
keiten, als es dem fremdländischen Oberherrn, der sich in einen Feind
des Landes verwandelt hatte, den Gehorsam versagte. In England
dagegen stürzte man die bestehenden Gewalten gänzlich um, setzte ganz
neue und andersartige ein und sprach dem Volke das Recht zu, über
seinen König zu richten und sich selbst eine Regierung zu bestimmen
nach eignem Belieben. In Frankreich während der Regierung
Heinrich's Iii. und Iv. hatten die Jesuiten den verhängnißvollen
Gundsatz von der Volkssouverainetüt zuerst aufgebracht. Jetzt
las man auch in protestantischen Schriften, man hörte es von den pro-
testantischen Kanzeln Englands, daß das Königthum keineswegs von
Gottes Gnaden herrühre, sondern von Volkes Gnaden. Die schreck-
lichen Stichwörter Freiheit und Gleichheit danken ihren Ursprung
den levellistischen Banden Cromwell's. Die alten Forderungen aus
den Bauernkriegen der deutschen Reformationszeit tauchten wieder auf.
Da ist es uns, als wenn wir auch den zweiten jener unreinen Geister
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Extrahierte Personennamen: Karl_Ii Karl Jakob_Ii
Extrahierte Ortsnamen: England Europa England Holland England Frankreich Englands Gottes Gnaden
536 Xxiv. §. 5. Philipp Ii. und England.
rert und zu strafen. Während in Italien, Spanien, Frankreich und
den Niederlanden die Scheiterhaufen für die Protestanten loderten,
wurden in England die Katholiken öffentlich verbrannt. Selbst
die katholische Königin von Schottland, welche Elisabeth in ihre
Gewalt bekomnien hatte, ward hingerichtet. Da entschloß sich Phi-
lipp Ii. im Bunde mit dem Papst zur Gewalt. Die unüberwind-
liche Armada ward ausgerüstet. Mit einem Schlage sollte der
englische Protestantismus sammt seiner Königin zertrümmert werden.
Aber Gott hatte es anders beschlossen; Winde und Wogen vernichte-
ten die Armada, noch ehe eine Landung versucht war (1588). Mit
äußerer Gewalt, das sah man wohl, ließ sich das Papstthum in Eng-
land eben so wenig wieder einführen, wie durch heimliche Ränke.
Schottland war bis zu Elisabeth's Tode ein von England
gesondertes Königreich. Schon ehe Maria Stuart den Königsthron
bestieg (1560), war die Reformation in Schottland eingedrungen und
hatte in Knor (Ver schon S.506 genannt ist) ihren gewaltigsten, hart-
näckigsten Vertreter gefunden. Die gewaltsame Art, wie schon vor
Knor und mehr noch unter seiner Führung die Reformation gegen die
Bestrebungen der starken katholischen Partei, gegen Geistlichkeit und
Adel durchgesetzt wurde, hat für unser Gefühl etwas schwer Verletzen-
des, und der Herr hat die dabei begangenen Ungerechtigkeiten und
Frevel in späterer Zeit mit schweren Strafen heimgesucht und die schot-
tische Kirche ein Jahrhundert lang durch eine strenge Blut- und Feuer-
taufe reinigen müssen. Maria Stuart, am französischen Hof in
französischem Leichtsinn und Sittenlosigkeit erzogen, brachte ihre katho-
lischen Neigungen und französischen Lebensgewohnheiten mit nach
Schottland zurück, konnte aber durchaus nichts gegen die schon befe-
stigte Herrschaft des Protestantismus unter ihren Unterthanen aus-
richten, stürzte sich vielmehr durch ihre Leichtfertigkeit in schwere Ver-
brechen, die dem Ehebruch und Morde gleich zu achten waren. Das
Volk erhob sich gegen sie. In einer unglücklichen Schlacht ward sie
geschlagen und mußte nach England zur Elisabeth, ihrer Verwandten,
stückten, deren Nachfolgerin auf dem Thron sie zu werden hoffte.
Aber Elisabeth wollte sie nicht eher an ihrem Hofe aufnehmen, als
bis sie sich von den schweren Anklagen, die auf ihr lasteten, gereinigt
hätte. Sie konnte oder wollte sich nicht reinigen und Elisabeth be-
hielt sie — die freie Königin des Auslandes — wider alles Recht und
Gesetz 20 Jahre lang in Haft. Aber es war für sie eine gefährliche
Gefangene. Alle katholisch Gesinnten in ihrem Reich sahen aus die
Maria, als auf ihre künftige Königin und Wiederherstellerin des Ka-
tholicismuö in England. Die Päpste, die Franzosen, Philipp Ii.
standen mit ihr in heimlicher Verbindung. Mordanschläge gegen Eli-
sabeth wurden gemacht. Sie glaubte sich am Ende nicht anders
retten zu können, als indem sie die Hinrichtung der Gefangenen be-
fahl. Maria Stuart litt, was ihre Thaten werth waren, aber Eli-
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Maria_Stuart Maria Maria_Stuart Maria Maria Philipp_Ii Philipp Maria_Stuart Maria
Extrahierte Ortsnamen: England Italien Spanien Frankreich Niederlanden England Schottland Eng- Schottland England Schottland französischen_Hof Schottland England Maria England
Vil §. 5. Auflösung des Zehnstämmereichs durch Affur (720 v. Ehr.). 75
in die göttliche Leitung der Weltgeschicke immer von höchster Wichtig-
keit. Denn wir ersehen daraus, daß obgleich der Herr diese Heiden-
reiche ihre eignen Wege gehen läßt und stch ihren irregeleiteten Augen
gänzlich entzogen hat, er doch mit göttlichem Erbarmen über ihre Ent-
wickelung wacht. Wo ihr Weg sich allzusehr in Bosheit verkehrt und
er genöthigt ist, mit seiner Zornesruthe zuzuschlagen, da kann er es
doch nicht über das Herz bringen, sie ungewarnt und unvorbereitet
zu überfallen, sondern holt aus dem fernen Gottesvolk, welches ja
aller Welt ein Segen sein soll, den faulen widerspenstigen Knecht her-
bei, der noch den letzten Warnungsruf muß ergehen lassen. Warum
aber will dieser Knecht nicht gehen und die Botschaft ausrichten? Weil
er selber nichts lieber gewünscht hätte als die Zerstörung Ninive's.
Er will nicht Ursach werden ihrer Rettung und Erhaltung. Denn
vor seinem prophetischen Blicke liegt ja schon die jammervolle Zukunft
Jsrael's ausgebreitet, und er weiß, daß es seiner Selbständigkeit be-
raubt, gefangen und zerstreut werden soll unter die Heidenvölker durch
Niemand anders als durch die Könige von Ninive, von Assur (vgl.
Jes. 10, 5).
Wie merkwürdig aber, daß Ninive wirklich der Stimme des Pro-
pheten Gehör giebt, daß der König selbst der Erste ist mit dem Sün-
denbekenntniß und der Umkehr „von dem bösen Wege und dem Frevel
seiner Hände." Welch eine Macht des Gewissens, welch eine Furcht
vor Gott! Man wird unwillkürlich an die Geißlersahrten des Mittel-
alters erinnert. Der Herr selbst hält diese Buße der Niniviten den
Juden als ein anklagendes Beispiel vor Augen (Luc. Ii, 30. 32).
Und wenn wir aufmerken, treffen wir auch im Lauf der folgenden
Jahrhunderte in diesem östlichen Weltreich immer einen tiefen Respect
vor dem lebendigen Gott und seinen Boten. Da wo die Assyrer
z. B. dem König Hiskia Vorhalten, daß sein Gott ihm nicht helfen
werde, sagen sie nicht etwa, daß sein Gott nichtig sei, sondern daß das
Volk Israel selber ihn verlassen und beleidigt, und daß Gott selber den
Assyrern befohlen habe, wider Jerusalem herauf zu ziehen (Jes. 36, 7.10).
Wir erkennen schon hier, daß dies mit semitischen Bestandtheilen so
stark versetzte Ostreich von ganz anderer Gottesfurcht erfüllt ist, als jenes
hamitische Mizraim mit seiner selbsterwahlten Weisheit. Dort hieß es
umgekehrt: wer ist der Herr, deß Stimme ich hören müßte, ich weiß
nichts von dem Herrn, will auch Israel nicht ziehen lassen (2 Mos.
5, 2). Solcher Ton trotziger Lästerung tritt uns, wenigstens in der
ältern Zeit, in Asien nie entgegen.
§. 5. Auflösung des Zehnstammereichs durch Assur
(720 v. Chr.).
Der Zustand der Schwache, in welchen das assyrische Reich durch
diese Revolution versetzt war, kann nicht lange gewährt haben. Schon
im folgenden Jahrhundert (nach 800) finden wir Medien wieder unter
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Luc König_Hiskia
Extrahierte Ortsnamen: Wichtig- Ninive Assur Ninive Israel Israel Asien Assur
114 Ix. §. 8. Ueberblick über den Ausgang des Perserreichs.
r.irte Sinnenkitzel und fleischliche Sündendienft ist kaum anderswo
in gleichem Maße zu finden, wie in den orientalischen Reichen.
Wie heut zu Tage das Türkenreich an den stummen Sünden, die
von einem Ende dis zum andern reichen, gänzlich verfault und in
sich selber zerfällt, so ist an den gleichen Sünden daö einst so herr-
liche Perserreich zu Grunde gegangen und innerlich verfault. Nicht
ohne sittlichen Schauder kann man die Hofgeschichten der letzten
persischen Könige lesen. Da hat jede menschliche Schranke aufge-
hörl: wie das Vieh laufen sie zusammen, Bruder und Schwester,
Vater und Tochter, Mutter und Sehn, und in unkeilvoller Kreuzung
setzen sich die blutschänderischen Verbindungen durch mehrere Ge-
schlechter fort: das Volk ist in voller sittlicher Auflösung und Zer-
setzung begriffen; es ist reif zum Gericht.
Um hier noch die Namen der letzten persischen Könige zu nennen,
so folgten auf den letzten Arlasastba zunächst Nerves Ii., Sog-
dianus lind Dar ins Ochus oder Nothns, welche in den Jahren
424 und 423 um die Oberherrschaft kämpften. Der Letztere regierte
unter fortwährenden Empörungen der Satrapen bis 404. Sein Nach-
folger Artarerres Mnemon (bis 361) hatte gefährliche Kämpfe
zu bestehen mit seinem Bruder Cyrus, mit den Griechen, den auf-
rührerischen Aegyptern uitd anderen Grenzvölkern. Der dann folgende
Artarerres Ochus däntpste zwar anfaitgs mit kräftigem Arm die
Elnpörtutgen und unterwarf auch die Aegypter und Phönizier wieder,
überließ sich aber hernach, wie alle seine Vorfahren, schwelgerischem
Genußleben und ward 338 erntordet. Nach kurzer Zwischenregicrung
des Arses folgte dann 336 schon D arius Cod oinannus, der letzte
und vergleichsweise beste Fürst. Vielleicht ist er es, der Neh. 12, 22
Darius der Perser genannt wird, sonst ist es Daritis Ochtts. Die
Politik aller dieser Fürsten blieb in Beziehung auf die jüdische Be-
völkerung des gelobten Landes in denselben Wegen der Milde und
Billigkeit, welche Cores und Darius Hystaspes eingeschlagen
hatten. Nur einmal hören wir, daß den Juden (unter Artarerres
Mn emon) eine siebenjährige harte Steuer auserlegt wird, zur Strafe
für eine Frevelthat des Hohenpriesters zu Jerusalem. Und ein ander
Mal wird erzählt, daß Artarerres Ochus, da er die aufrühreri-
schen Phönizier wieder unterwarf, auch eine Anzahl Juden aus dem
nördlichen Palästina, zur Strafe für den Beistand, den sie den Auf-
rührern geleistet, als Gefangene mit sich fvrtgeführt und nach dem ka-
spischen Meere verpflanzt habe. Im Ganzen also konnte Juda und
Jerusalem sich unter der persischen Herrschaft friedlich und gedeihlich
zu seiner neuen Bestimmuitg entwickeln. Diese Bestimmung aber war
keine andere, als zunächst durch sein in der Leidensschule gelerntes
strenges Festhalten an Gesetz und Gottesdienst einen lebendigen Protest
einzulegen gegen alles heidnische Götzenwesen ringsumher, sodann
allen frömmeren und heilverlangenden Seelen unter Juden und Heiden
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T189: [König Reich Land Volk Israel Zeit Jahr Stadt Babylon Sohn], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Cyrus Cyrus Darius Daritis_Ochtts Darius_Hystaspes Darius Artarerres_Ochus
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Palästina Juda Jerusalem
Xviii. §. 7. Mohamed's Entwürfe und Erfolge. Z07
man in den westlichen Provinzen nicht kannte. Dort nämlich war
doch Christus und sein Wort von Anfang an Gegenstand gläubiger
Verehrung geworden, vor dessen Herrlichkeit man sich beugte, auch
wenn man seine Forderungen nicht erfüllte. Im Orient aber war schon
während der ersten herrlichen Märtyrerzeir, noch viel mehr seit der
Befreiung der Kirche vom heidnischen Joche die Person und das Werk
des Erlösers mehr und mehr ein Gegenstand spitzfindiger Unter-
suchungen, haarspaltender Begrisfstheilungen, witziger oder aber-
witziger Schlüsse und Behauptungen geworden, und diente gleich einem
todten Leichnam nur den anatomisihen Untersuchungen und. der aller-
feinsten Zergliederung ; aber von dem lebendigen Herzschlag, von dem
Pulstren des Blutes, dessen Lebensqnelle in die Kirche überströmen
sollte, war nichts mehr zu spüren. Es ist höchst bezeichnend für den
Unterschied zwischen Orient unddecident, daß unter all den endlosen
theologischen Untersuchungen im Orient auch nicht ein einziges Mal
die Frage: wie denn nun der einzelne Christ zur Seligkeit gelan-
gen könne? oder eine ähnliche, die sich auf das persönliche Verhältniß
des Sünders zu seinem Heiland bezöge, vorgelegt wurde. Dagegen
im Oecident, wo solche theologische Streitfragen sonst gar nicht aufge-
bracht wurden, war es eben nur diese Frage, über welche ein Streit
entbrannte, der auch nicht einmal recht zu Ende geführt wurde. Und
wie wurde gestritten im Orient! Nicht mit Gründen sondern mit Ge-
walt und List, nicht von Theologen bloß sondern vom gesammten Volk
bis zum Pöbel in den Schenken herab, nicht um die Wahrheit zu
finden, sondern um die politische Macht zu behaupten. Denn im by-
zantinischen Reiche war alle Theologie zugleich Politik, und die Kirche
nur eine andere Form des Staates unter der Herrschaft der Kaiser.
So wurde das Heilige in den Koth gezogen, das Salz war dumm ge-
worden. Die Klerisei hatte durch ihren Geiz, Eitelkeit, Prachtliebe
und leidenschaftliche Streitsucht alle Achtung beim Volk verloren. Die
im Orient zuerst aufgekommenen Mönchsklöster waren Stätten der
Faulheit, Geilheit und aberwitziger Speculation geworden. Die per-
sönliche Frömmigkeit wußte keine andere Art, sich zu bethätigen, als
durch übertriebene Kasteiungen des Leibes und Ueberspannungen von
unglaublicher Art (Säulenheilige). Hier war also die Arznei (das
Christenthum) vollständig in Gift verkehrt. Da durfte der Herr die
Ehre seines Namens nicht länger schänden lassen. Solche Fleisches-
religion durste nicht länger Christenthum genannt werden. Die hei-
ligen Geheimnisse, die von diesen Namenchristen geschändet waren,
wurden nun ihren unsauberen Händen genommen und was dann noch
von äußerer Religion übrig blieb, das trat jetzt unter der Form und
dem Namen des Islam den erschrockenen Vätern und Pflegern dieses
Bastardsohnes mit schneidender Schwertesschärfe und gezücktem Mord-
stahl gegenüber.
§. 7. Mohamed's Entwürfe und Erfolge.
Diese neue Lehre wollte Mohamed, der oft an epileptischen
Zuständen litt, in wiederholten Verzückungen aus dem Himmel selbst
20*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
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Xxv. §. 7. Die französische Revolution.
waren und ihre unschuldigen Herzen als Spucknäpfe hergeben mußten
für die widerwärtigsten Ausbrüche schulmeisterischer Gottesleuguungen
und Kirchenspöttereien. Und endlich, um sicher und gewiß auch zu den
niedrigeren und niedrigsten Ständen im Volk dem unfaubern Geist den
Zugang zu bahnen, ward rings um die Hütten der Armuth her eine
große Schanze von Branntweinbrennereien und Batterieen von
Branntweinfässern angelegt, um sofort jede Gewissensregung, Zweifel
und Bedenken eines unruhigen Herzens in dem höllischen Taumelwasser
zu ersäufen.
§. 7. Die französische Revolution.
Und so stehen wir denn bei dem Anfang und Ausbruch jenes
entsetzlichen Unheils, welches von Frankreich aus die römischen Län-
der durchzogen hat und noch durchzieht, bei dem Hinwegthun der
Obrigkeit, die Gott eingesetzt hat, und der Niederreißung aller Schran-
ken, mit welchen der Herr die sinnliche, thierische, teuflische Natur der
von Gott losgerissenen Menschheit umdämmt hat. Hier heben wir
den Deckel von dem Topfe, in welchem Satan schon seit einem Jahr-
hundert und länger sein höllisches Gebräu zur Verführung der Mensch-
heit gekocht hat und dessen Bestandtheile heißen: Erschütterung der
Kirche und Umsturz des Staates, Zweifel an der göttlichen Wahr-
heit und Verachtung der irdischen Autorität, Verhöhnung aller Re-
geln der Sittlichkeit und Beseitigung aller geschichtlichen Ordnung.
Das Ziel ist: Christum vom Thron zu stoßen; da auch der Teufel
wohl weiß, daß ihm solches nimmer gelingen wird, wenigstens so viele
Menschen als nur irgend möglich um ihr Seelenheil zu betrügen, daß
sie am Glauben Schiffbruch leiden und sittlich und geistlich zu Grunde
gehen. Solch eine wilde, wüste, von Gott abgewichene, von allen
bösen Leidenschaften beherrschte Masse einmal alle Bande sprengen
und in ungebändigter Rohheit sich in dem Schlamm ihrer eignen
Lüste wälzen zu sehen, ein ganzes Volk wehrlos in ihre Mörderhände
gegeben, das mußte freilich ein königliches Schauspiel sein für den
Feind und Mörder unserer Seelen, da mochte er sich freuen, ein Gro-
ßes erreicht zu haben,— und wußte doch nicht, daß er auch hier wie
immer nur der große Henkersknecht und Gefängnißwärter im Dienst
des lebendigen Gottes ist. Denn Gottes Gerichte begannen jetzt
über die ungläubige Christenheit sich zu entladen, zunächst über Frank-
reich, welches von lange her für Europa das böse Princip gewesen ist und
noch ist, und von Frankreich aus über Alle, die mit dem gottlosen Babel
gehuret haben. Lange, lange hatten die in den Wegen Gotteö ersah-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
TM Hauptwörter (200): [T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat]]
Extrahierte Personennamen: Gott Gott
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Gottes Europa Frankreich
236 Xv. §. 5. Ausbreitung der christlichen Gemeinde in Asien u. Griechenland ic.
bens erkennt man daran, nicht etwa daß gar keine Sünde mehr vor-
kommt, sondern daß jede begangene Sünde innerlich sofort ihre Strafe
findet, Ekel und Abscheu, Schmerz und Klage vor Gott erregt und
zu immer tieferer Reue und Buße, zu immer festerer Ergreifung der
Kindschaft im Glauben leitet. Eben so erkennt man die Gesundheit
einer christlichen Gemeinde daran, nicht etwa daß in ihr keine offen-
baren Sünden und Aergernisse mehr Vorkommen, sondern daß solche
Aergernisse sofort wie zu Jerusalem ihre Strafe finden, überwunden
werden und einen frischen und kräftigen Ansatz zur Buße und Glau-
den in der ganzen Gemeinde Hervorrufen.
§. 3. Ausbreitung der christlichen Gemeinde in Asien
und Griechenland bis Rom.
Einen Augenblick schien es, als wollte trotz des Befehles Christi
(Matth. 28, 19) die neue Gemeinde sammt ihren Aposteln und Leh-
rern sich nur auf Jerusalem und die nächste Umgebung beschranken,
und als wollte jetzt endlich ganz Jerusalem sich bekehren zu dem
Herrn, den es vorher in freventlichem Hohne von sich gestoßen hatte
(Apostg. 6, 7). Aber es schien nur so. Sobald die hochgehaltenen
jüdischen Heiligthümer, aus denen doch langst der Geist entwichen
war, von den apostolischen Männern als entbehrlich, als unvereinbar
mit der Heilsanstalt Christi dargestellt wurden, bricht die volle jü-
dische Wuth wider die Schaar der Christen in Jerusalem los, Ste,
phanus wird gesteinigt, die Gemeinde zerstreut (Apostg. 7, 36 ff.
8, 1 ff.) und Israel weift zum zweiten Male das dargebotene Heil
mit Entschiedenheit von sich. Diese Zerstreuung und Verfolgung
wird aber der Gemeinde zu einer gewaltigen Mahnung an des Herrn
Befehl, nicht stille zu sitzen, sondern auszugehen mit dem Wort in
alle Welt. So machen sich denn nun die zerstreuten und verspreng-
ten Christen auf und ziehen umher und predigen weit und breit die
frohe Botschaft und erfüllen alle Theile des gelobten Landes mit dem
Schall des Evangeliums. Da entstehen aller Orten ähnliche Ge-
meinden wie zu Jerusalem, und auch von ihnen werden dieselben
hohen und wundersamen Dinge gerühmt, wie von der ersten aposto-
lischen Gemeinde (Apostg. 9, 31). Aber die Heilsboten beschranken
sich mit ihrer Verkündigung jetzt nicht mehr auf Juden und auf die
Gegenden des jüdischen Landes. Bald ans eignem Entschluß, bald
auf besondere göttliche Weisung wenden sie sich schon zu Samaritern
und Heiden (Apostg. 8, 5ff.); Apostg. 10 endlich zerreißt der Herr
selber mit gewaltiger Hand den letzten Zaun und Damm, den er
zwischen Juden und Heiden ausgerichtet hatte. Er hebt die Speise-
gesetze auf, durch welche bis dahin jeder Heide dem Juden als un-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Christi
Extrahierte Ortsnamen: Asien Griechenland Asien Griechenland Rom Jerusalem Hohne Jerusalem Israel Jerusalem